vogelfrei

vogelfrei
frei:
Das Adjektiv mhd. vrī, ahd. frī, got. freis, engl. free, aisl. (anders gebildet) frjāls gehört mit verwandten Wörtern in anderen idg. Sprachen zu der idg. Wurzel *prāi- »schützen, schonen; gern haben, lieben«, vgl. z. B. aind. priyá-ḥ »lieb, erwünscht; Geliebte‹r›, Gatte«, aslaw. prijati »günstig sein, beistehen«. Zu dieser Wurzel stellen sich im germ. Sprachbereich z. B. got. frijōn »lieben« (2 freien und Freund), got. freidjan »schonen« ( Friedhof) und ahd. fridu »Schutz, Friede« ( Frieden). Siehe auch den Artikel Freitag. Aus der oben genannten Grundbedeutung der idg. Wurzel haben die Germanen »frei« als Begriff der Rechtsordnung entwickelt: Die Personen, die man liebt und daher schützt, sind die eigenen Sippen- und Stammesgenossen, die »Freunde« (s. d.); sie allein stehen »frei«, d. h. »vollberechtigt« in der Gemeinschaft, im Gegensatz zu den fremdbürtigen Unfreien (Unterworfenen, Kriegsgefangenen). Dieser rechtlich-soziale Begriff wandelte sich im historischen Ablauf durch vielerlei ständische Umschichtungen. Aus ihm ergibt sich der Gedanke der äußeren politischen wie der inneren geistig-seelischen Freiheit und weiter die allgemeine Anwendung des Adjektivs im Sinne von »nicht gebunden, unbelastet, unabhängig, nicht beengt oder bedeckt«. – Abl.: 1freien »frei machen« (mhd. vrīen, jetzt nur noch in befreienmhd. bevrīen› und in Gefreite); Freiheit (mhd. vrīheit, ahd. frīheit »freier Sinn; verliehenes Vorrecht«, mhd. auch »privilegierter Bezirk, gefreiter Ort«, woraus nhd. »Schloss-, Domfreiheit« in der Bedeutung »offener Platz vor einem Gebäude« wurde); freilich (mhd. vrīlīche »ungehindert, unbekümmert« gewinnt im 15. Jh., wohl über »unverdeckt, offenbar« den bekräftigenden Sinn »sicherlich, allerdings«). Von den zahlreichen Zusammensetzungen seien genannt: Freibeuter ( Beute); Freibrief (im 15. Jh. für »Privileg, Pass«; jetzt nur übertragen); Freigeist (im 17. Jh. Lehnübersetzung von frz. esprit libre); Freiherr »Baron« (spätmhd. vrīherre, vrīer herre »freier Edelmann«, im Gegensatz zum unfreien Ministerialen), dazu Freifrau »Baronin« (spätmhd. vrīvrouwe); Freimaurer (im 18. Jh. Lehnübersetzung für engl. Freemason, das ursprünglich den in die Geheimzeichen der Bauhütten ‹engl. lodge, Loge› eingeweihten Steinmetzgesellen bezeichnete, seit etwa 1700 aber das Mitglied eines nach Art der Bauhütten organisierten Geheimbundes; entsprechend frz. franc-maçon); Freischärler (19. Jh.; Ableitung von »Freischar« »Schar freiwilliger Soldaten« ‹19. Jh.›, das für älteres »Freikorps« steht); freisprechen ( sprechen); Freistaat (im 18. Jh. für »Republik«); Freitod verhüllend für »Selbsttötung« (Anfang des 20. Jh.s nach Nietzsches »Vom freien Tode« gebildet); freiwillig (16. Jh.); Freizeit (19. Jh.); vogelfrei ( Vogel).
Vogel:
Das gemeingerm. Substantiv mhd. vogel, ahd. fogal, got. fugls, engl. fowl, schwed. fågel hat keine außergerm. Entsprechungen. Seine Herkunft ist nicht sicher geklärt. Vielleicht gehört es zu der unter fliegen behandelten Wortgruppe. Der Ausfall des l wäre dann durch Dissimilation bewirkt.
Die Übertragung auf den Menschen (»ein lockerer, seltsamer usw. Vogel«) ist seit frühnhd. Zeit üblich. – Abl.: vögeln (mhd. vogelen, ahd. fogalōn »Vögel fangen«; die Bedeutung »begatten ‹vom Vogel›« ist bereits in mhd. Zeit vorhanden, in derber Redeweise auch übertragen vom Menschen). Zus.: Vogelbauer (mhd. vogelbūr; zum zweiten Bestandteil vgl. 2 Bauer); Vogelbeere (17. Jh.; so benannt, weil die rote Frucht der Eberesche als Köder beim Vogelfang verwendet wurde); vogelfrei (15. Jh., »völlig frei von Diensten wie die Vögel«; in der heutigen Bedeutung »rechtlos, geächtet«, eigentlich »den Vögeln ‹zum Fraß› freigegeben wie ein Gehenkter«, seit dem 16. Jh.); Vogelperspektive »Sicht von einem sehr hoch gelegenen Punkt aus, bei der man einen Überblick gewinnt« (19. Jh.; für frz. à vue d'oiseau, dafür auch Vogelschau); Vogelscheuche (15. Jh.; zum zweiten Bestandteil vgl. den Artikel scheuchen).

Das Herkunftswörterbuch . 2014.

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  • Vogelfrei — steht für Vogelfreiheit, den Zustand, ungebunden oder geächtet zu sein Vogelfrei (Album), ein Musikalbum des Rappers Albino Vogelfrei (Band), eine Oi! Band aus Torgau Vogelfrei (Film), deutscher Titel eines französischen Spielfilms von 1985 Siehe …   Deutsch Wikipedia

  • Vogelfrei — Vogelfrei, 1) ganz ungebunden, daß man sich hin begeben kann, wohin man will; 2) ganz ungeschützt, geächtet, so daß man von jedem ergriffen u. getödtet werden kann …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Vogelfrei — (lat. exlex, d. h. außerhalb des Gesetzes stehend) ist, wer des Rechtsschutzes gänzlich beraubt und aus dem allgemeinen Frieden gesetzt ist, wie dies früher bei der Oberacht (s. Acht) der Fall war, oder bezüglich dessen alle aufgefordert werden,… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Vogelfrei — (lat. exlex) hieß ehedem der infolge Erklärung in die Aberacht (s. Acht) des Rechtsschutzes Ledige …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Vogelfrei — s. Acht …   Herders Conversations-Lexikon

  • vogelfrei — Adj geächtet erw. obs. (16. Jh.) Stammwort. Kein Ausdruck der Zeit, auf die es sich bezieht; aber seit dem 16. Jh. feststehender Ausdruck für die Schutz und Rechtlosigkeit des Geächteten. Vermutlich gelehrte Bildung, mit Bezug darauf, daß der… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • vogelfrei — Jemanden für vogelfrei erklären: ihn für schutzlos erklären. Der seit der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts bezeugte Ausdruck stammt nicht unmittelbar aus der alten Rechtssprache, gehört aber doch in den Bereich des Rechts: »aqua et igni… …   Das Wörterbuch der Idiome

  • vogelfrei — unwillkommen; geächtet; ausgestoßen; verstoßen; verachtet * * * vo|gel|frei 〈Adj.; im alten dt. Recht〉 ohne Rechtsschutz, geächtet ● jmdn. für vogelfrei erklären * * * vo|gel|frei <Adj.> [eigtl. = den Vögeln (zum Fraß) freigegeben wie ein… …   Universal-Lexikon

  • vogelfrei — ausgeschlossen, ausgestoßen, entrechtet, gebannt, rechtlos, verstoßen; (geh.): verfemt; (bildungsspr.): exlex; (Geschichte): friedlos, geächtet. * * * vogelfrei:1.⇨geächtet–2.fürv.erklären:⇨ächten(1) vogelfrei→geächtet …   Das Wörterbuch der Synonyme

  • vogelfrei — vo̲·gel·frei Adj; nicht adv; 1 <Menschen> so, dass manche glauben, man dürfe sie belästigen und beleidigen: Manche Männer halten Frauen für vogelfrei 2 hist; ohne den Schutz des Gesetzes ≈ geächtet: Robin Hood wurde für vogelfrei erklärt …   Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

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